Folklore, Sport und Tradition

Die Gründungsgeschichte der Schützenvereine reicht weit ins Mittelalter zurück. Die ersten Schützen waren „waffentragende Männer im Dienste des Landesherrn“; derzeit verdankt das Schützenwesen seine Hochblüte, regional sowie überregional, seinen schießsportlichen Erfolgen.

Was sind eigentlich Schützenvereine? Auf diese Frage gibt es zwei Antworten. Zuerst einmal die offizielle Selbsteinschätzung der Schützen, „die auf alte Traditionen“ verweisen. Sicherlich sind in unseren Tagen Schützenvereinigungen auch Sportvereine und gesellschaftliche Treffpunkte, vor allem aber kulturelle Institutionen der Gesellschaft.

Schützen trafen sich immer zu geselligen Veranstaltungen. Dies zeugen Niederschriften aus dem 17. Jahrhundert, eine Zeit voller Kriege und sonstiger Katastrophen, in der fast ein Drittel aller Deutschen starb und der Rest die Nase voll hatte vom Schießen. In dieser Zeit wurden weiterhin Schützenfeste gefeiert. Denn sie boten damals die einzige Moglichkeit ein Volksfest zu feiern. Viele Deutsche haben bis heute ihren Spaß am Schießsport, der „Bayerische Sportschützenbund“ zählt über 500.000 Mitglieder. Sein prominentestes Mitglied ist kein geringerer als der Bayerische Ministerpräsident Edmund Stoiber, Ehrenoffizier der Gebirgsschützen.

Stich der Stadt Aichach

Auf alten Stichen der Kreisstadt Aichach, kann man nahe der Sebastianskapelle in der Donauwörtherstraße eine Schießanlage ausmachen

Wer mehr über die Entstehung des Schützenwesens wissen will, soll einen Blick in die Entstehungsgeschichte werfen.

Es gibt einige Varianten, wie und warum man Schützenvereinigungen im Land ins Leben rief. Sicher ist, dass die ersten Mitglieder von Schützengemeinschaften waffentragende Männer im Dienste des Landesherrn waren. Gelegentlich hatten die Fürsten und Könige auch Pech, dass sich die Gunst ihrer Schützen gegen sich selbst wandte. So wurde in der Schlacht von Coutrai 1302 ein französisches Ritterheer vernichtend geschlagen. Ritter, die in ihrem Schützenverein zuvor den perfekten Umgang mit den komplizierten Waffen geübt hatten. Auch ein österreichisches Ritterheer erlitt aus demselben Grund bei einer Schlacht das gleiche Schicksal. Eine zweite Gründerwelle kam in Gang, als um 1350 die Pest innerhalb von drei Jahren mehr als 20 Millionen Menschen in Europa dahinraffte und überall sogenannte Pestbruderschaften zur Versorgung der Kranken entstanden. Diese Hilfsgemeinschaften waren durch besondere Gemeinsamkeiten mit den Schützenvereinen gekennzeichnet: Sie wählten ebenfalls den Heiligen Sebastian als ihren Schutzpatron und gründeten ihre Stützpunkte vorzugsweise dort, wo es bereits Schützen gab.

Auch in Aichach hatten Sebastiansbruderschaft und Schützen ein besonderes Verhältnis. Bereits im 15. Jahrhundert hatte eine St. Sebastiansbruderschaft bestanden. Das Sebastianskirchlein an der Donauwörther Straße wurde 1656 aufgebaut. Zur Hundertjahrfeier dieses Ereignisses feierten die Bürger Aichachs ihre Sebastiansbruderschaft und die Schützenkompanie hatte sich dabei besonders hervorgetan. Während der gesamten Veranstaltung wurde in Uniform paradiert und auf den Wallen Salut geschossen.

Wie die Schützen in die Bruderschaft oder die Pesthelfer in die Schützenvereine kamen, ist nicht eindeutig geklärt. Ganz sicher spielen aber die in beiden Gemeinschaften ähnlichen Feier-Sitten eine verbindende Rolle: Die Schützen feierten ihre Schießspiele, die Bruderschaften ihre Kirchenfeste, die einen mit Spielmannszügen, die anderen mit Orgeln und Gesang.

Nach 600jähriger Glanzzeit der Schützenvereine ging diese unter den Auswirkungen der Französischen Revolution zu Bruch. Die französische Revolution hate vor 200 Jahren Napoleon zum starken Mann in Europa gemacht, und der verbot kurzerhand das Auftreten der Schützen.

Als Napoleon von der politischen Bühne abtrat, begannen wieder die Wettschießen im Land – ein neues Selbstbewusstsein wurde demonstriert.

Militärisch hatten die Schützenvereine nach den napoleonischen Kriegen kaum noch Bedeutung, denn die Fürsten hatten ihre stehenden Heere.

Die Obrigkeit war tonangebend und einigen Volksvertretern behagte diese Lage ganz und gar nicht, was schließlich zur Einigung der Schützen führte. Die Forderungzu einem Zusammenschluss aller Schützen kam bereits 1848. Im Jahre 1861 wurde der „Deutsche Schützenbund“ ins Leben gerufen. In seinen Statuten sagten die Gründer ganz klar, was sie wollten:“Hebung der Wehrfähigkeit des deutschen Volkes“.

Dieser Passus veranlasste 1945 die Siegermächte, alle Schützenvereine zu verbieten.

Die Wiedergründung des Schützenbundes verdankt man einem überaus friedlichen Mann. Der katholische Pfarrer Dr. Peter Louis, einer der führenden Männer in den kirchlich orientierten Schützenbruderschaften, handelte den Alliierten ihre Zustimmung mit dem Hinweis ab: Den Schützen ging es „seit eh undje um die Verteidigung des christlichen Abendlandes, um die Abwehr unchristlicher Lehren und Taten und um den Kampf gegen menschliches Leid“.

Wenn es um Schützenvereine geht, kann gerade Bayern ein Wörtchen mitreden, wenn es um historische Ansprüche geht. Wie heißt es in einer Festschrift zur Wiedergründung des Deutschen Sportschützenbundes nach dem Zweiten Weltkrieg? Man nennt Bayern das Land der Schützen. Nirgendwo hat sich in Deutschland seit den ältesten Zeiten das Schützenwesen so unverfälscht erhalten wie hier.

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